Razzia erst ein Jahr nach Gruppenvergewaltigung: Warum dauerte es so lange, bis die Polizei zuschlug?

Jugendliche sollen Mädchen (16) in Solingen sexuell missbraucht haben

Spezialkräfte durchsuchten am Dienstag mehrere Wohnungen in Solingen

Spezialkräfte durchsuchten am Dienstag mehrere Wohnungen in Solingen

Foto: Gianni Gattus

Solingen (NRW) – Fünf Jugendliche, zur Tatzeit zwischen 15 und 17 Jahre alt, sollen ein Mädchen (16) in eine Falle gelockt, sexuell missbraucht und vergewaltigt haben. Erst in einer Kleingartenanlage, dann in der Wohnung zweier Brüder.

Der Fall liegt mehr als ein Jahr zurück und wirft Fragen auf – auch an die Polizei, die erst am Dienstag bei einer Großrazzia in Solingen (NRW) vier Wohnungen der mutmaßlichen Vergewaltiger durchsuchte. Zwölf lange Monate, nachdem die Tat angezeigt und das Handy des Hauptverdächtigen sichergestellt wurden!

Zwölf Monate, die für das junge Mädchen die Hölle gewesen sein müssen.

Täter drohten ihrem Opfer mit Video

Die 16-Jährige soll bereits im Januar 2023 von der Jugendbande sexuell missbraucht worden sein. Das Mädchen schwieg, monatelang. Aus Scham – und aus Angst. Laut Polizei hätten ihr die Täter gedroht, ein Video zu veröffentlichen, das die Vergewaltigung zeige. Erst im Mai 2023 offenbart sich das Mädchen ihrer Mutter. Die geht zur Polizei und zeigt die Gruppenvergewaltigung an.

Die Ermittler trugen auch ein Gewehr aus dem Gebäude

Die Ermittler trugen auch ein Gewehr aus dem Gebäude

Foto: Gianni Gattus

Tatsächlich soll es nur wenige Tage nach der Anzeige laut Polizei eine erste Wohnungsdurchsuchung gegeben haben. Ein heute 17-Jähriger habe damals im Fokus der Ermittler gestanden. Bei der Durchsuchung seien Datenträger und auch sein Handy sichergestellt worden. Ein Video, das eine Vergewaltigung zeigt, habe man aber bis heute nicht gefunden.

Vergewaltigung bei Ermittlern „nicht die höchste Priorität“

Die Auswertung des Handys habe dann etwa bis zum Jahresende gedauert, sagt Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wuppertal zu BILD. „In dieser Zeit wurde weiterhin gegen den Jugendlichen wegen Vergewaltigung ermittelt.“

Mehrere Monate, um ein Handy auszulesen?

Polizisten tragen mögliche Beweisstücke aus der Wohnung eines Verdächtigen

Polizisten tragen mögliche Beweisstücke aus der Wohnung eines Verdächtigen

Foto: Gianni Gattus

„Eine Handyauswertung innerhalb eines halben Jahres ist keine ungewöhnliche Zeitspanne“, sagt der Oberstaatsanwalt. Das hängt von der Priorisierung bei der Polizei ab.“ Mordermittlungen hätten die höchste Priorisierung, „Vergewaltigung zwar eine gesteigerte, aber nicht die höchste.“

Foto zeigt Täter bei Schießübungen

Immerhin: Durch die Auswertung des Handys kamen die Ermittler dann auch an die Chat-Verläufe der anderen vier mutmaßlichen Tatverdächtigen, die heute zwischen 16 und 18 Jahre alt sind. Danach seien die Ermittlungen ausgeweitet worden – auch weil eines der Handyfotos die Verdächtigen bei Schießübungen gezeigt habe. Daraufhin erwirkte die Polizei im Januar 2024 Durchsuchungsbeschlüsse von der Staatsanwaltschaft.

Tatsächlich durchsucht wurde dann aber erst an diesem Dienstag. Weitere vier Monate später! Warum?

„Die Umsetzung liegt bei der Polizei, je nach Bedarf der Einsatzkräfte dauert die Planung entsprechend“, sagt Oberstaatsanwalt Baumert. Da in diesem Fall wegen der möglichen Waffen Spezialeinsatzkräfte und mehr Beamte gebraucht wurden, war offenbar auch mehr Planungszeit erforderlich.

Die Ermittlungen dauern an.

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